Visualisierungstechniken und -methoden

Arbeits-, Kommunikations- und Organisationsmethoden

Veranstalter: Horst Oberquelle, Arno Rolf

Birgit Labusch, Jens Latza, Fin Schuppenhauer

WS 1994/95


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

1.1 Begriffsdefinition
1.2 Wozu eigentlich Visualisieren ?
2 Die Visualisierung planen

3 Bausteine und Hilfsmittel

3.1 Der Overhead-Projektor
3.2 Die Pinnwand
3.3 Das Flip-Chart
3.4 Tafel und Copyboard
3.5 Der Diaprojektor
3.6 Computer, Video und Beamer
4 Allgemeine Gestaltungsgrundlagen
4.1 Text
4.2 Grafiken und Symbole
4.3 Diagramme
4.4 Farbe
5 Allgemeine Tips

6 Mind-Maps (Ideen-Landkarten)

Literatur

1 Einführung

Informationen nehmen wir über verschiedene Eingangskanäle auf. Diese Kanäle sind das Auge, das Gehör oder der Tastsinn. Beim Auge müssen wir noch unterscheiden, ob die Information schriftlich oder in Bildern vorliegt. Mittels Bildern können für gewöhnlich mehr Informationen – und auch schneller – aufgenommen werden, als durch das gelesene Wort. Soll z.B. aus einer Tabelle der maximale Wert ermittelt werden, so dauert dies länger, als wenn wir eine Grafik betrachten, wo uns der Gipfel sofort auffällt.


Abbildung 1: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte.





Jeder Mensch hat seine eigene Vorliebe für einen der oben genannten Eingangskanäle. Oft wird die Informationsaufnahme durch Kombination der Eingangskanäle erhöht, bei anderen Menschen kann sich dadurch aber der Informationsfluß senken.

Die Mehrzahl der Menschen sind aber ,,visuelle Typen". Deshalb sollte bei der Präsentation eines Produkts, bei Arbeitsergebnissen oder aber auch bei Referaten besonderer Wert auf die Visualisierung gelegt werden. Oft unterstützt eine gekonnte Visualisierung den Vortrag erheblich. Falsche Anwendung kann aber genauso negative Folgen haben.

Dieser Artikel soll klären, wofür eine Visualisierung eingesetzt wird, wie man sie plant und mit welchen Hilfsmitteln die Information dem Publikum vermittelt werden kann.
 

1.1 Begriffsdefinition

Der Begriff Visualisieren bedeutet unter anderem etwas optisch so betonen und herausstellen, daß es Aufmerksamkeit erregt oder auch Ideen in ein Bild umsetzen [3].

Ein Vortrag, der beim Publikum keine Aufmerksamkeit erregt, ist ein schlechter Vortrag. Monotone Sprechorgien gehören dazu. Zu schnell verliert der Zuhörer den Faden, kann das Gesagte nur schlecht behalten. Eine erfolgreiche Visualisierung zieht jedoch die Zuhörer in seinen Bann; bildliche Informationen werden schneller und auch besser aufgenommen. Zudem bringen sie noch Abwechslung in den Vortrag.

Einer guten Visualisierung merkt man nicht an, daß sie gut ist. Bei einer schlechten merkt man es sofort, z.B. durch übervolle Folien, die der Vortragende dann auch noch vorliest.
 

1.2 Wozu eigentlich Visualisieren ?

Ziel einer guten Visualisierung ist es nicht, einen gesprochenen Vortrag zu ersetzen, sondern zu ergänzen. Die Ziele sind:

Im Prinzip kann bei der Visualisierung der Kreativität freier Lauf gelassen werden. Grundlagen der visuellen Kommunikation und des Designs sollten aber vorhanden sein, um eine optimale Darstellung zu erreichen. Und: In der Kürze liegt die Würze! Um dies zu erreichen, muß eine Visualisierung sorgsam geplant werden, man sollte sich über die Bausteine einer Visualisierung im Klaren sein und ein paar grundsätzliche Regeln beim Design und bei der Wahrnehmung kennen. Abhängig von der Art des Vortrags, der Zielgruppe und auch ihrer Anzahl, gilt es schließlich, das geeignete Gerät für die Visualisierung zu finden.

Die nächsten Abschnitte werden diesem Rechnung tragen.
 

2 Die Visualisierung planen

Eine gute Visualisierung kann nicht spontan entstehen. Sie setzt eine eingehende Beschäftigung mit dem zu präsentierenden Stoff voraus. Zum Beispiel muß bei einer ,,spontan" entwickelten Darstellung das Zielbild dem Vortragenden vor dem geistigen Auge schweben. All dies benötigt Zeit. Bevor man mit der Visualisierung beginnt, muß zunächst einmal der Stoff zum Thema gesammelt werden. Mind-Maps sind dafür eine gute Hilfe (siehe Kapitel 6).

Danach kann man seine fertige Mind-Map betrachten und das Wesentliche extrahieren. Bevor es dann zur Visualisierung kommt, sollten die vier ,,W"-Fragen beantwortet werden:


3 Bausteine und Hilfsmittel

Egal welches Hilfsmittel ich verwende, um die Visualisierung den Betrachtern vorzuführen, die Gestaltungselemente sind jedesmal die Gleichen:

Die verwendeten Hilfsmittel sind abhängig von ihrer Brauchbarkeit und dem Zweck des Einsatzes. Informationsträger, die in Frage kommen, sind: Die folgenden Unterabschnitte beschreiben die Hilfsmittel kurz und stecken ihr Zielgebiet ab.
 

3.1 Der Overhead-Projektor

Der Overhead-Projektor ist für Gruppenstärken bis zu 200 Personen hervorragend geeignet. Allerdings sollten einige Dinge dabei beachtet werden:

· Die Schriftgröße darf nicht zu klein sein; auch in der letzten Reihe sollten die Zuhörer noch alles entziffern können. Als Faustregel gilt hier eine Schriftgröße von 24 pt. oder eine Höhe von 5 mm.

· Der Schriftsatz sollte nach Möglichkeit serifenlos sein; auch wenn eine verschnörkelte Schrift für den ein oder anderen auf den ersten Blick hübscher zu sein scheint, ist die Lesbarkeit eher schlechter.

· Eine Folie muß nicht immer nur aus schwarzer Schrift vor hellem Hintergrund bestehen. Auch hier kann Farbe und eine kleine Zeichnung wahre Wunder bewirken.

· Die Folie muß nicht immer schon bereits fertig vorliegen; ebensogut kann mit dem Publikum zusammen eine Folie erstellt werden. Dies verschafft dem Auditorium eine kleine Verschnaufpause und regt gleichzeitig verstärkt zum Mitdenken und zum aktiven Gestalten an.

· Sollte der Overhead-Projektor eine Zeitlang nicht genutzt werden, so ist es empfehlenswert, ihn entweder mit einem Stück Papier abzudecken oder ihn ganz auszuschalten. Die Zuhörer werden so nicht unnötig abgelenkt und können dem Vortragenden mehr Aufmerksamkeit schenken.
 

3.2 Die Pinnwand

Die Pinnwand (oder auch Metaplan-Wand) eignet sich für Präsentationen in kleinen Gruppen (um 20 Teilnehmer). Packpapierbögen werden auf ihr festgesteckt. Sie kann sowohl für vorbereitete als auch für spontane Präsentationen verwendet werden.

Das Packpapier kann (ähnlich wie bei einer Tafel) mit Filzstiften beschrieben werden. Diese Wände wurden außerdem speziell für die Metaplan-Technik entwickelt und eignen sich hervorragend für das Festhalten von (vorgefertigten) Karten, z.B. im Rahmen einer Fragerunde oder des Brainstormings.

Beim Anheften von (vorgefertigten) Karten u.ä. sollten handhabbare Pinnadeln verwendet werden. Stecknadeln oder Reißzwecken sind hier sehr ungeeignet. Außerdem bin ich der Meinung, daß die Pinnadeln alle von der gleichen Farbe (am besten sogar passend zur Farbe der anzuheftenden Karte) sein sollten. Dadurch wirkt die Pinnwand ruhiger und es gibt kein Farbnadel-Chaos.
 

3.3 Das Flip-Chart

Der Flip-Chart-Ständer ist eine spezielle Haltevorrichtung für Flip-Chart-Bögen. Er eignet sich besonders für die Arbeit in Kleinstgruppen (unter 20 TeilnehmerInnen). Darstellungen können auch hier vorbereitet oder situativ entwickelt werden.

Aufgrund des kleinen Teilnehmerkreises, den es anspricht, wird das Flip-Chart häufig in Konferenzen verwendet. Seine Einsatzgebiete sind:

Das Flip-Chart ist aufgrund seiner geringen Ausmaße nicht geeignet für Bei der Beschriftung sollte darauf geachtet werden, daß die Buchstaben und Ziffern groß genug und leserlich geschrieben sind, sowohl Groß- als auch Kleinbuchstaben verwendet werden und die einzelnen Wörter eng(er) geschrieben sind.

Die Beschriftung erfolgt meist mit gewöhnlichen Filzstiften.
 

3.4 Tafel und Copyboard

Bei den Tafeln gibt es sowohl die altbekannte Schultafel, die mit Kreide beschrieben wird, als auch neuere weiße Tafeln, die mit abwischbaren Filzstiften beschrieben werden. Letztere haben den Vorteil, daß die Grundlage metallisch ist und sich so mittels Magneten auch andere Notizen, Skizzen oder ähnliches auf Papier festhalten lassen.

Technisierte Kinder der weißen Tafel sind die Copyboards, die sich einer Technik ähnlich des Fotokopierers bedienen und den Tafelinhalt auch ausdrucken können.
 

3.5 Der Diaprojektor

Der Diaprojektor hat den Nachteil, daß der Raum zur Präsentation verdunkelt werden muß. Auch ist die Flexibilität gering, da sich die einsortierten Dias während eines Vortrags nur umständlich umsortieren lassen (oder auch bereits gezeigte Dias noch einmal zu präsentieren).

Der Vorteil ist jedoch die Verwendung von Fotos, die so in hoher Qualität gezeigt werden können. Spezielle Geräte erlauben auch, daß mit dem Computer erzeugte Präsentationen auf ein Dia kopiert werden können.

Haupteinsatzgebiet des Diaprojektors sind Informationsveranstaltungen, die nur informieren, nicht aber Fragen aus dem Publikum klären sollen (z.B. Dia-Shows über entfernte Länder; hier werden meist auch mehrere Projektoren gleichzeitig verwendet, die mit ausgeklügelten Überblendeffekten schon halbwegs filmreif sind).
 

3.6 Computer, Video und Beamer

Der Computer macht auch bei der Präsentation nicht halt. Einerseits kann man ihn verwenden, um Folien oder ähnliches zu erstellen, andererseits ist es aber auch möglich, das Videobild des Computers (oder auch eines Videorecorders oder einer Kamera) großflächig auf der Leinwand zu präsentieren. Dafür gibt es spezielle Displays, die auf den Overhead-Projektor gelegt werden oder auch sogenannte Beamer (wie z.B. in Haus F), die das Videobild in seinen Einzelfarben (rot, grün, blau) an die Projektionswand werfen (dort entstehen durch die Mischung die gewünschten Farbbilder).

Beispielsweise wird die letzte Möglichkeit in diesem Semester von Andreas Heinecke in seiner ,, Hypermedia" -Vorlesung genutzt.
 
 

4 Allgemeine Gestaltungsgrundlagen

Für die Gestaltung der Präsentationsmaterialien (Folie, Flip-Chart-Bogen usw.) stehen die Elemente

zur Verfügung. Das ganze läßt sich durch Farbe noch variieren.
 

4.1 Text

Eine Visualisierung kommt nicht umhin, auch Text zu verwenden, zum Beispiel um wichtige Definitionen anzuzeigen oder Legenden zu erklären. Die folgenden Punkte sollten beachtet werden:
 


4.2 Grafiken und Symbole

Wie schon eben gesagt kann die richtige Verwendung von kleinen Grafiken und Symbolen die Visualisierung interessanter machen, da hierdurch beide Gehirnhälften angesprochen werden. Ein kleines Beispiel (Abbildung 2) soll dies noch einmal verdeutlichen.
 
 


Abbildung 2: Rechte und linke Gehirnhälfte: Wie spät ist es?




4.3 Diagramme

Diagramme sind Darstellungsformen für bestimmte Sachverhalte. Sie dienen der Gegenüberstellung von Zahlen, Entwicklungsverläufen, Größenverhältnissen, Abläufen und Strukturen. Im folgenden werden nur die Regeln genannt, an denen man sich beim Erstellen von Diagrammen orientieren sollte.
 

Liste und Tabelle


Kurvendiagramm


Säulen- und Balkendiagramm


Kreis - und Tortendiagramm


4.4 Farbe

Farbe ist ein sehr gutes Mittel, um die Aufmerksamkeit der Betrachter zu erhöhen und sie auf wichtiges hinzuweisen. Dies gelingt aber nur dann erfolgreich, wenn auf die richtige Kombination der Farben geachtet wird. Grundsätzlich vermieden werden sollten Komplementärfarben und starke Helligkeitskontraste. Zum Beispiel sind die Farben Gelb und Violett komplementär zueinander. Zudem haben sie noch einen starken Helligkeitskontrast. Auch Rot und Grün sind komplementär zueinander. Hier kommt noch hinzu, daß ein nicht geringer Anteil der Bevölkerung rot-grün-blind ist. Für diesen Personenkreis erscheinen die Farben schmutzig-braun (ein geringer Anteil der Bevölkerung ist auch gelb-braun-blind).

Komplementärfarben reizen das Auge unnötig, die Farben können sogar anfangen zu flimmern. Dies stört ganz gewaltig die Konzentration des Betrachters auf den Vortrag.

Farben, die im Farbkreis nahe beieinander liegen, erscheinen uns harmonisch und ausgeglichen und eignen sich daher sehr gut (zum Beispiel Gelb-Orange oder Blau-Grün).

Wir verbinden mit Farben auch Dinge und Emotionen. Die Tabelle 1 gibt hier einen Überblick. Zum Beispiel sollten Finanzdaten nicht in roten Zahlen
 

Farbe  Bedeutung 
Weiß  Neutral, objektiv; sachliche Fakten und Zahlen
Schwarz Düster, negativ
Rot  Arger, Zorn, Emotionen; gefühlsmäßige Sicht
Gelb Sonnig, heiter, positiv; optimistisch, steht für Hoffnung und positives Denken
Grün Gras, Vegetation; üppiges, fruchtbares Wachstum, Kreativität und neue Ideen
Blau  Himmel; kühl; Kontrolle und Organisation des Denkprozesses

Tabelle 1: Farbsymbolik nach Edward de Bono





dargestellt werden; dies bewirkt mit Sicherheit, daß die Zahlungsfähigkeit in Frage gestellt wird.

Es bleibt zu beachten, daß in anderen Ländern andere Gefühle mit den Farben verbunden werden.

Fassen wir noch einmal zusammen, was bei der Verwendung von Farben beachtet werden sollte:

5 Allgemeine Tips

Zum Abschluß noch einmal die wichtigsten Tips kurz zusammengefaßt:

Und ganz wichtig: IM WEGLASSEN LIEGT DIE KUNST!
 
 

6 Mind-Maps (Ideen-Landkarten)

Mind-Maps bieten die Möglichkeit, ein umfassendes Bild eines Themas, einer Problemsituation, einer Vorgehensweise u.a. zu erstellen. Dabei soll eine Mind-Map auf natürliche Weise den Erinnerungsprozeß unseres Gehirns unterstützen, indem sie durch einfache Kombination einer Netzstruktur und visuellen Symbolen die beiden unterschiedlich agierenden Gehirnhälften unterstützt. Es werden, sowohl bei der Aufzeichnung der Ideen, als auch bei der Nutzung der Mind-Map, Assoziationsketten gebildet. Damit sollen bei der Aufzeichnung nur die relevanten, für die Erinnerung nötigen Schlüsselwörter gefunden werden.

Die übliche, listenartige Aufzeichnungsform zeichnet sich dadurch aus, daß zu den Schlüsselwörtern Füllworte hinzukommen, die beim Schreiben und späterem Lesen der Aufzeichnung, einen erheblichen Zeitbedarf verschlingen. Außerdem sind hierarchische Notizformen, im Vergleich zur Mind-Map, nicht einprägsam und flexibel gegenüber Änderungen.

Mind-Maps stellen Zusammenhänge, sowie die zeitliche und räumliche Gliederung eines Themas in einem Bild zur Verfügung, wobei das Thema selber als Zentralidee in der Mitte steht. Gedankliche Entwicklungen und logische Folgerungen lassen sich in den, von der Zentralidee abgehenden Zweigen und Verästelungen, leicht entwickeln bzw. nachvollziehen.

Die Regeln der Mind-Map-Technik sind einfach, sollen aber kein Korsett darstellen, sondern nur ein Gerüst, welches jeder individuell seiner eigenen Lerntechnik anpassen sollte.
 

Grundregeln der Mind-Map-Technik

  1. Beginne mit einem farbigen Bild in der Mitte!
  2. Benutze so viele Bilder wie möglich!
  3. Schreibe Wörter in Druckschrift!
  4. Schreibe die Wörter auf die Linien und verbinde die Linien mit anderen!
  5. Nur ein Wort je Linie und bilde Einheiten!
  6. Benutze durchgängig Farben!
  7. Schreibe alles auf!
  8. Kümmere Dich nicht um Ordnung oder Organisation!

Literatur

[1] Barenberg, Axel ,,Die überzeugende Präsentation", Humboldt Taschenbuchverlag Jacobi KG, München, 1994, ISBN 3-581-66953-6[2] Braun, Gerhard ,,Grundlagen der visuellen Kommunikation", novum press, Bruckmann Verlag, München, 1993, ISBN 3-7654-2595-8[3] Duden ,,Fremdwörterbuch", 4. Auflage, Bibliographisches Institut, Mannheim, 1982, ISBN 3-411-20905-4
[4] Oberquelle, Horst ,, Folien-Ergonomie", Fachbereichsmitteilung 132, April 1985 (nicht mehr in der Bibliothek erhältlich)
[5] Seifert, Wolfgang ,,Visualisieren, Präsentieren, Moderieren", 7. Aufl., 1995